© WDR/ARD Degeto / Christoph Assmann

Krimispannung der Extraklasse

„Kommissarin Louise Bonì – Jäger in der Nacht“ am 18. Februar 2016 um 20:15 Uhr in der ARD

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Am Donnerstag, den 18. Februar 2016 um 20:15 Uhr wird „Kommissarin Louise Bonì – Jäger in der Nacht“ der zweite Fall der Krimi-Reihe in der ARD ausgestrahlt.

Ihr erster Fall »Mord im Zeichen des Zen« wurde von der Kritik hochgelobt. Nun kehrt Kommissarin Louise Bonì – gebrochene Heldin der Romanreihe von Oliver Bottini – auf den Bildschirm zurück und kämpft weiter gegen das Verbrechen, die Dämonen der Vergangenheit und den Alkohol.

Produziert wurde der spannungsgeladene Krimi von Ariane Krampe und inszeniert von Brigitte Bertele. In den Hauptrollen sind Melika Foroutan, die für ihre Rolle als Louise Bonì bereits den Hessischen Fernsehpreis gewonnen hat, Anian Zollner, Frank Seppeler, Godehard Giese, Sebastian Hülk, Juergen Maurer, Gudrun Ritter, Rainer Bock, Livia Matthes, u.v.w. zu sehen.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt:

Wer länger schweigt, gewinnt das Spiel

Endlich mal eine Frau, die trinkt, raucht und neben der Spur läuft: Die ARD schickt Melika Foroutan als neue Kommissarin ins Rennen. In ihrem ersten Fall geht es um – Begierde und Zen.

Wenn ein Mann nach dem anderen zu dieser Frau sagt: „Wir müssen reden“, aber nichts zu hören bekommt, weil sie sich schweigend eine Kippe ansteckt oder mit kühler Präzision das nächste Glas Wodka leert, ist das für eine Fernsehkommissarin schon mal ein gutes Zeichen. Wenn schnell klar wird, dass diese Frau von der Kripo Aachen nicht nur ein veritables Alkoholproblem mit sich herumschleppt, sondern im Begriff ist, wieder einen Fall gegen die Wand zu fahren – umso besser. Schon lange haben wir uns eine Ermittlerin gewünscht, die als so verkrachte Existenz auftreten darf, wie sonst nur ihre männlichen Kollegen.

Und tatsächlich ist Louise Boni (Melika Foroutan) keine dieser glatten Überfrauen, denen eine Entourage von Trotteln zur Seite gestellt ist, sondern eine Figur am Abgrund. Ein dramaturgisches Wagnis ist sie trotzdem nicht. Dazu bringt die Kommissarin viel zu viel von dem mit, was man so braucht als Heldin zur besten Sendezeit: Louise ist sperrig, aber attraktiv, sie mag unkooperativ sein, doch es besteht kein Zweifel: Ihre Intuition wird die Mittdreißigerin auf die richtigen Fährten führen.

Geronnenes Blut am geschorenen Schädel

Selbst dann, wenn ihr erster Fall zunächst gar kein Fall zu sein scheint. Ein buddhistischer Mönch irrt irgendwo im Ländlichen vor den Toren der Stadt herum, weiß staubt der Schnee von seinem schwarzen Gewand, an seinem geschorenen Schädel klebt geronnenes Blut. Wer hat ihm die Kopfwunde beigebracht? Warum? Flieht der Japaner? Vor wem und wohin? Louise Boni fragt nicht viel, als ein Dorfpolizist sie ruft, sie folgt dem Zen-Mönch in den Wald, die Waffe in der Hand, und duckt sich neben den, der nur wenige Unverständlichkeiten auf Japanisch von sich gibt und viele Blicke wie von weit her aussendet, in einen Hohlweg. Oben rascheln Männer durchs Laub, Angst steht in den Augen des Verletzten, alles ist wie in einem Traum. Licht und Schatten malen Bilder von düsterer Schönheit, dann schläft Louise ein, und der Mönch ist verschwunden.

Diese somnambule Stimmung, untermalt von basslastiger Musik, trägt „Begierde – Mord im Zeichen des Zen“. Es ist die filmische Umsetzung des ersten Louise-Boni-Romans von Oliver Bottini, mit dem er seine vielgelobte und erfolgreiche Krimi-Reihe eröffnete. Und eine Serie soll nun auch im Ersten aus den Stoffen werden. Unter der Regie von Brigitte Maria Bertele setzt die erste Folge (Drehbuch: Hannah Hollinger) ganz auf Atmosphäre und Unausgesprochenes – und lässt sich viel Zeit bei der Entwicklung der Handlung.

Zum Kriminalfall wird die Geschichte erst, als ein Polizist schwer verletzt und ein weiterer ermordet wird. Louise sucht den oder die Täter, sie wird es bald auf eigene Faust tun, vom Dienst suspendiert. In ihrer Wohnung wartet ihr Vater auf sie und will mit ihr – reden. Wir erfahren von ihrem toten Bruder, bruchstückhaft, und von ihrer Mutter, die etwas verdrängt. Die Polizistin trinkt lieber, statt sich mit Familiengeschichten zu beschäftigen, holt sich einen Taxifahrer von Mitte zwanzig ins Bett und sucht nach der Wahrheit im Zen-Kloster. Die Geduld ihrer Kollegen (Anian Zollner, Frank Seppeler) stellt sie immer wieder vor schwere Proben. Erst als sie ihr Leben riskiert, kommt sie der Wahrheit nah: Es geht um illegale Adoptionen, Kinder aus Asien tauchen auf und verschwinden, und der Japan-Spezialist Richard Landen (Barry Atsma) scheint viel zu getränkt von Zen-Geist, um wahrhaftig zu sein.

Das alles ist dicht inszeniert und gut gespielt, mit wenigen, dann aber auch immer wieder überklugen Worten. Buddhisten üben das innere Loslassen, erfährt Louise. Die Inszenierung, in deren Zentrum sie steht, will oft so viel, dass es verschwurbelt wird. Aber sie ist vielversprechend. Von Ursula Scheer / FAZ

 Die Süddeutsche Zeitung schreibt:

Die stiefmütterliche Behandlung der Louise Bonì

Die Krimireihe „Kommissarin Louise Bonì“ läuft in der ARD nur auf Bewährung. Ihrer Qualität wird das nicht gerecht.

Wäre man selbst Louise Bonì, man wäre wohl auch zum Säufer geworden. Ihre Arbeit bei der Kripo Aachen konfrontiert die Kommissarin mit den „abartigen Seiten des Lebens“, so Drehbuchautorin Hannah Hollinger.

Und Bonì (Grimme-nominiert: Melika Foroutan) setzen die Abgründe zu, in die sie immerzu schaut. Am Ende von „Jäger in der Nacht“, ihrem zweiten Fall, sitzt sie, gerade mit dem Leben davongekommen, am Küchentisch und liefert sich ein Duell mit einer Flasche Wodka. Die Frage, wer stärker ist, bleibt offen. Abspann.

Louise Bonì ist die geniale aber emotional überforderte Ermittlerin

Louise Bonì ist also zurück. Sie war im Entzug, ist trocken. Ihr geht es ein wenig besser, aber der Welt nicht, in der sie den Dreck wegzumachen hat. Bonì ist wie ein Müllmann, der den Abfall, anstatt ihn auf der Deponie abzuladen, in sein Wohnzimmer kippt, bis er daran zu ersticken droht.

Im ARD-Film „Begierde – Mord im Zeichen des Zen“ spielt Melika Foroutan eine Kommissarin, die anders ist als alle anderen deutschen Fernsehermittlerinnen: Sie ist ein psychisches Wrack, sie säuft und raucht – wie toll!

In „Jäger in der Nacht“ verschwindet die Studentin Nadine (Livia Matthes) und dann auch noch der 16-jährige Eddie (Nino Böhlau), der kurz darauf tot aufgefunden wird – zwei Fälle, hinter denen Bonì intuitiv zwei Täter vermutet – gegen den Widerstand ihres Chefs Bermann (Anian Zollner), der Eddies Vater (Juergen Maurer) verdächtigt, Nadine entführt und seinen Sohn ermordet zu haben. Ein weiterer Mord – der Tote scheint einer der Täter zu sein – stützt Bonìs Hypothese: Der zweite Täter ist so gut über die Ermittlungen informiert, dass er Polizist sein muss.

„Jäger in der Nacht“ ist gleich doppelt anstrengend

„Jäger in der Nacht“ ist ein sehr guter, aber in doppelter Hinsicht anstrengender Film. „Sie sah frisch aus, und sie roch gut“, sagt der zweite Täter beim finalen Showdown über Nadine, die er schwer misshandelt hat. „Du bist so eine Drecksau“, entgegnet Bonì, doch das reicht nicht, um den Schauder zu bannen, den seine Worte hinterlassen.

Herausfordernd ist der Film auch wegen der Vorliebe von Autorin Hollinger und Regisseurin Brigitte Maria Bertele für Zwischentöne und Unausgesprochenes. Es fällt nicht immer leicht, der Handlung und den Gedanken Bonìs zu folgen. Verglichen mit der Unsitte, dass Figuren in der deutschen Fernsehfiktion ihr Herz auf der Zunge zu tragen haben, ist dies aber das deutlich geringere Übel.

Die Quote regiert – und der Sender macht es der Reihe nicht leicht

Hoffentlich ist diese Wahrnehmung mehrheitsfähig, denn Kommissarin Louise Bonì ist eine Krimireihe auf Bewährung. „Jedes neue Format muss seine Reihentauglichkeit unter Beweis stellen“, sagt Produzentin Ariane Krampe, „und der Maßstab dabei ist nun mal die Quote.“ Die Zuschauerzahlen dieses Films, der unglücklicherweise gegen das Staffelfinale vom ZDF-Bergdoktor programmiert ist, entscheidet, ob es weitergeht.

Auf eine Extrawurst hoffen darf das sperrige Format nicht, passt es doch nicht so recht ins Sendeplatzprofil am ARD-Donnerstag, wo inzwischen vor allem deutsche Schauspieler als Kommissare im Ausland ermitteln. Krampe: „Meine Hoffnung ist, dass eine kreative Koexistenz möglich ist.“ Von David Denk / Süddeutsche Zeitung       

www.Quotenmeter.de schreibt:

Der Auftakt zu dieser Krimi-Reihe eroberte die Herzen der Kritiker vergangenes Jahr im Sturm.
Kann die zweite Folge die hohen Erwartungen erfüllen?

Das Urteil war eindeutig: Als Louise Boni im vergangenen Jahr in ihrem ersten Fall ermittelte, war diese Figur sofort als eine Bereicherung für die deutsche Fernsehfilmlandschaft entdeckt, und der angetestete Auftakt zu dieser Reihe überzeugte dramaturgisch wie filmisch auf ganzer Linie. Mit seiner feinfühligen Erzählweise, den stimmigen, einnehmenden Bildern und vor allem dieser faszinierenden, intelligent geschriebenen Hauptfigur hat man die Messlatte so hoch angelegt, dass sie der deutsche Durchschnittskrimi von unten gar nicht sehen kann.

Was freilich die Gefahr birgt, dass sich die Fortsetzung an den verdammt hohen Ansprüchen messen lassen muss, die mit der hervorragenden Premiere aufgebaut wurden. Eines vorweg: Der zweite Film ist sicherlich keine krasse Wendung ins Negative und erzählt weiterhin stimmig, feinfühlig und nah an seiner faszinierenden Hauptfigur. Dennoch ist „Jäger in der Nacht“ in manchen Punkten nicht mehr so mitreißend wie «Begierde» im letzten Jahr.

Louise Boni hat mittlerweile einen Entzug hinter sich und lebt, trotz mancher (angenehm dezent inszenierter) Verführungen, als trockene Alkoholikerin, als ein neuer Fall eintrudelt: Eine Studentin aus Aachen ist verschwunden. Der Fall wirkt zu Beginn wenig spektakulär: Dass junge Frauen ohne das Wissen ihrer Väter einige Zeit nicht erreichbar sind, komme eben vor, meinen die Kollegen und der Dienstvorgesetzte. Doch als in einem engen zeitlichen Zusammenhang auch ein 15-Jähriger verschwindet, stehen die Entführungsdelikte auf einmal präsenter auf der Agenda.

Während bald die Leiche des jungen Mannes gefunden wird, bleibt die Studentin verschwunden. Erste Hinweise deuten darauf, dass zwei alte Frauen, die zurückgezogen in einem halb verfallenen Haus hinter hohen Mauern leben, etwas mit dem Fall zu tun haben könnten: Ihnen gehört die Scheune, in der die Studentin eine Zeit lang gefangen gehalten wurde. Noch beunruhigender: Auch ein (Mit-)Täter aus den eigenen Reihen kann nicht mehr ausgeschlossen werden. Was bekannte Probleme nach sich zieht, die auf Louise Boni einprasseln: Zum Corpsgeist degenerierte kollegiale Solidarität, Vertuschungsversuche und eine abstoßende Amalgamierung aus psycho-sexuell motivierten Allmachtsphantasien und der strukturellen Gelegenheit, diese auszuleben.

In «Begierde» war das Verbrechen, das Louise Boni ermittelte, dramaturgisch zweitrangig. Und das war gut so. Es war eine narrative Baseline, aus der man einen stimmigen Spannungsbogen zimmern konnte. Doch das eigentlich interessante war diese faszinierende Figur: eine gebrochene Heldin, seelisch zerrüttet, innerlich hilflos, nach außen hin bemüht kontrolliert, intelligent, kompetent und nicht eine Sekunde lang mit billigen Mitleidsmitteln zum Opfer stilisiert.

„Jäger in der Nacht“ legt den Fokus nun stärker auf den Krimi. Das muss nicht unbedingt missfallen, schließlich ist er gut erzählt und thematisch nicht uninteressant. Doch die große Stärke von «Kommissarin Louise Boni» ist eben Louise Boni: Sie ist der Hauptgrund für das grandiose Kritikerecho auf die Premiere der Reihe gewesen. Wegen dieser Verlagerung vom Psychogramm einer herausragend spannenden Hauptfigur hin zur Erzählung eines komplexen Kriminalfalls hat man ein wenig von dem verloren, was «Begierde» zu einem solch mitreißenden Fernsehfilm gemacht hat.

Sehenswertes Fernsehen ist «Kommissarin Louise Boni» natürlich immer noch. Nicht zuletzt natürlich wegen Hauptdarstellerin Melika Foroutan, die an ihrer Rolle zahlreiche Nuancen und einen großen Facettenreichtum finden kann. Sie brilliert in diesem Film genauso wie im letzten. Allein ihre Tour de Force hebt auch die zweite Folge dieser Reihe schon weit über den deutschen Krimidurchschnitt. Von Quotenmeter

Die Welt schreibt:

Wenn Männer sich fühlen wollen, töten sie Frauen

Kommissarin Louise Boní ist die vielschichtigste Frauenfigur des deutschen Serienfernsehens. „Jäger in der Nacht“ ist ihr zweiter Fall. Es geht um Gewalt gegen Frauen. Ungemütlich. Und aufregend.

„Ficken, Fressen, Fußball“, flüstert die Frau, die ihren nachtblauen Mantel trägt, als wäre es eine Rüstung. Sie spuckt es geradezu aus, dieses Dreigestirn der Zentralbegierden, die das Klischee den Männern zuschreibt.

Sie hätte eine derartige Vereinfachung natürlich gar nicht nötig, die Frau. Louise Boní ist die vielschichtigste Kommissarin, die das deutsche Serienfernsehen derzeit zu bieten hat.

Allein die Geschichte und nicht nur die, in der sie gerade wieder steckt, „Jäger in der Nacht“ heißt sie, gibt ihr halt leider immer wieder recht. Man müsste allerdings – auch wenn das den Stabreim nicht ganz erfüllt – noch Vernichtung dazunehmen. Die nachtblaue Rüstung hat Boní bitter nötig.

In ihrem ersten Fall, der im vergangenen Jahr der vielleicht tatsächlich beste Fernsehkrimi des Jahres war, war sie Kassandra. „Begierde“ hießt der Film. Und Louise Boní war eine Seherin, der keiner all das Verrückte, Verzweifelte, aber auch leider Wahre glaubte, was sie sah.

Penthesilea im Kommissariat

Jetzt ist die Kommissarin, die unverzeihlicherweise ist, was große männliche Kollegen gerne sind, zerstört nämlich, alkoholkrank auch, schroff und eingehüllt in einen Umhang aus Einsamkeit, jetzt ist sie Penthesilea. Die beißende, küssende Amazone, die sich mit eisernem Willen und ebensolcher Einfühlsamkeit ruhig einen Weg bahnt durch die Reihen der Männer um sie herum.

Und denen sie unheimlich ist. So unheimlich, dass sie ständig die Beherrschung verlieren und Dinge tun, die man nicht tun sollte.

„Jäger in der Nacht“ ist eine Etüde über männliche Gewalt gegen Frauen. Sie zieht sich durch alle Erzählebenen. Sie ist als Bedrohung ständig greifbar. Steht in beinahe jeder Szene kurz vor der Explosion.

Eine Studentin ist verschwunden. Ein versponnenes Mädchen, dass die Bücher liebte, wie ihr Vater sagt, der mit einer Dogge namens Cesare (nach Cesare Pavese) aufs Aachener Kommissariat kommt.

Dass es ihr nicht gut geht, wissen wir da schon. Weil sie zerschlagen, blutig und zerschunden gleich am Anfang in einer Scheune lag. Zwei Jungs waren bei ihr. Einer streicht ihr über die Brust. Sie kann sich nicht wehren.

Einer der Jungs ist bald tot. Er wurde ertränkt. Den Todeskampf sieht man immer wieder von unten durchs trübe Wasser dem Himmel entgegen.

Ein Fall verschwindet hinter dem Wahn der Welt

„Begierde“ war deswegen einer der aufregendsten und deswegen geradezu verwegen gewagten Serienpiloten, weil er sich einen Dreck um Konventionen kümmerte. Ein bemerkenswert klar strukturierter Rausch der Bilder und Erzählungen, Fantasien und Realitäten.

Als wäre der Restwahnsinn, der Restalkohol der Louise Boní Geschichte geworden. Der Kriminalfall, den es auch gab, verschwand dahinter derart, dass man fast erschrak, als er dann plötzlich gelöst war.

In „Jäger in der Nacht“ ist Louise Boní trocken. Der Wahn liegt nicht in ihr, der Wahn ist die Welt, durch sie wie eine Leuchtspur im nachtblauen Mantel geht. Sie ist ein paar Schritte weiter vom Abgrund weg, aber ständig auf dem Sprung. Der Fall ist vordergründiger, die Erzählung normaler.

Aufregendes Fernsehen, das mehr wagt, mehr ist als die deutsche Durchschnittsware, ist auch diese Verfilmung eines Romans von Oliver Bottini, für den wieder die grimmerpreisgekrönte Drehbuchautorin Hannah Hollinger und die ebenso hochdekorierte Regisseurin Brigitte Maria Bentele zusammenkamen – sozusagen die Degeto-Antwort auf den „Spreewaldkrimi“ des ZDF.

Was neben der ästhetisch avancierten Erzählung wieder und vor allem Melika Foroutan zu danken ist. Sie ist Louise Boní. Und sie ist sie tatsächlich. Eine zerbrechliche, wehrhafte Kämpferin. Eine schauspielerische Zwischentonsinfonie. Die Verengung des Erzählfokus auf eine Ermittlung nutzt sie zur nochmaligen Erweiterung des Facettenreichtums im Spiel.

Immer wieder werden kommentarlos Rückblenden in die Erzählung gestellt. Die Farben sind fahl, die Pullover, die Hosen und Jacken unansehnlich. Hin und wieder wird in den Himmel geschaut. Man kann das gut verstehen. Man will auch gern wegschauen.

Ausbrechen aus der Eingehegtheit der Triebe

Es sind schwache Männer, um die es geht. Männer, die sich groß fühlen wollen und mächtig. Die darum, also weil sie schwach sind, meistens zu zweit um die Frauen sind. Die auf eine perverse Weise Anschluss zu finden suchen ans Leben außerhalb der bürgerlichen Eingehegtheit ihrer Triebe, die lebendig werden, sich spüren wollen.

„Man kann es sich nicht aussuchen, was in einem drin‘ ist“, sagt mal einer. „Es ist einfach da. Man kann es verdrängen oder unterdrücken. Dann ist man wie all die anderen Langweiler, die halb tot durch die Stadt laufen. Oder man erkennt es und lässt es raus. Und beginnt zu leben.“

Teure Existenz. Erkauft um den Preis des Lebens einer jungen Frau. Ungemütlich, ungemütlich, aber groß. Von Elmar Krekeler / Die Welt

Die Berliner Morgenpost schreibt:

„Kommissarin Louise Bonì“ ist die Ermittlerin mit Flachmann

Die ARD zeigt mit „Kommissarin Louise Bonì“ eine sture, unbeirrbare Ermittlerin – die vielleicht spannendste im deutschen Fernsehen.

Hamburg.  Sie ist die vielleicht ungewöhnlichste Ermittlerin im deutschen Fernsehen: Louise Bonì gilt als eigenwillig, hat ein ausgemachtes Alkoholproblem und kämpft Tag für Tag mit ihren inneren Dämonen. Doch die von Melika Foroutan mit viel Einfühlungsvermögen gespielte Kommissarin aus Aachen verfügt auf der anderen Seite über eine kriminalistische Intuition, die ihr bei den kompliziertesten Fällen zugutekommt.

Nach fulminantem Auftakt im vergangenen Jahr darf die Ermittlerin mit dem ausgeprägten Spürsinn jetzt zum zweiten Mal ran: In „Louise Bonì – Jäger in der Nacht“ muss sie die Entführung einer schwer misshandelten jungen Frau und den Tod eines halbwüchsigen Jungen aufklären und bekommt es dabei mit zutiefst amoralischen Männern zu tun, die Spaß daran haben, ihre dunkle Seite ohne jegliche Rücksicht auf andere Menschen auszuleben.

Die Tränen kommen dem Vater erst vor dem Fernsehgerät

Bei den Ermittlungen gerät rasch der Vater Georg Holzner in Verdacht, seinen Sohn erschlagen zu haben. Jürgen Maurer gibt diesen Mann als Superproll, gewalttätig und aggressiv bis in die letzte Muskelfaser.

„Wir haben Ihren Sohn gefunden. Tot“, sagt Hauptkommissar Rolf Bermann (Anian Zollner) zu Holzner. „Deshalb ist das Arschloch nicht nach Hause gekommen“, entgegnet dieser. Die Tränen kommen Holzner, diesem Antivater, erst, als er vor dem TV-Gerät hockt und ein Fußballspiel schaut.

Bonì, charakterlich irgendwo zwischen hartnäckig, stur, einfühlsam und mit dem Kopf durch die Wand gehend, vermutet jedoch, dass zwei eigenbrötlerische Schwestern mit dem Fall zu tun haben könnten.

Sie raucht Kette, dann trinkt sie weniger

Die beiden hoch betagten Frauen leben in einer prächtigen Villa mit dezent morbidem Charme, von hohen Eisenzäunen und zwei bissigen Hunden geschützt. Der Welt da draußen haben sie offenbar abgeschworen, doch wahren sie ein Geheimnis, dem Bonì auf die Spur kommen will. Und so bricht sie eines Nachts – gegen alle Regeln und ohne Durchsuchungsbefehl – in die Villa ein. Sehr zum Unwillen ihres Chefs, versteht sich.

Die literarische Vorlage des Fernsehfilms stammt von Autor Oliver Bottini. Er schuf diese Kommissarin, die stur ihren Weg geht. Immer auch konfrontiert mit den Versuchungen, die der Alkohol bereithält und denen sie widerstehen muss. Wohl auch deshalb raucht die Ermittlerin eine Zigarette nach der anderen. Und löst die Fälle auf ihre eigene Weise.

Fazit: Melika Foroutan spielt die Louise Bonì facettenreich und zutiefst glaubwürdig. Wie schon in ihrem ersten Fall „Mord im Zeichen des Zen“ ist das eine darstellerische Glanzleistung. Allein das macht diesen Kriminalfilm sehenswert. Von Berliner Morgenpost

www.Tittelbach.tv schreibt:

„Kommissarin Louise Boni – Jäger in der Nacht“, der zweite Fall der mittlerweile trockenen Alkoholikerin im Dienste der Aachener Polizei, ist wieder eine kleine Krimi-Offenbarung, stark geprägt von der wieder zu Kräften gekommenen Heldin: Ihr Leben ist heller, doch die Welt ist nicht besser geworden. Es geht um Gewalt gegen Frauen – um Männer, die sich Frauen greifen, um ihre Triebe bestialisch zu befriedigen. Der Film kreist sein Thema geschickt ein und lässt die Heldin beinahe auch Opfer werden. Es gibt nur eine ausgespielte Gewaltszene, die ein glückliches Ende nimmt. Und sonst alles vom Feinsten: Schauspieler, Dialoge, Atmo. Dazu ein Gespür fürs Nonverbale und für das, was in den Tiefen der Seele schlummert.

… „Man kann es sich nicht aussuchen, was in einem drin’ ist. Es ist einfach da. Man kann es verdrängen oder unterdrücken. Dann ist man wie all die anderen Langweiler, die halbtot durch die Stadt laufen. Oder man erkennt es und lässt es raus. Und beginnt zu leben.“ Mit seiner wahnhaft-selbstgefälligen Umwertung seiner kriminellen Taten kann der Täter die Heldin nicht beeindrucken oder verunsichern. Louise Boni ist mittlerweile eine Frau, die sich zu wehren weiß. Und gerade, weil sie Schlimmes durchgemacht hat, weil sie es schaffte, sich über König Alkohol hinwegzusetzen, kann ihr nichts und niemand Angst machen, schon gar nicht Männer, die zu zweit sein müssen, um sich an einer Frau zu vergehen. Auch wenn man als Zuschauer sicher genauso gern weiterhin einer Säuferin als Heldin folgen würde (was nicht mehr ist, kann ja später wieder werden) – diese Geschichte hätte nie und nimmer mit einer Sucht-Figur glaubhaft und psychologisch stimmig erzählt werden können. Wobei man natürlich sagen muss, dass sich „Kommissarin Louise Boni“ wohltuend vom Gros der pseudorealistischen, Fakten- und Indizien-orientierten Reihen-Krimis abhebt und im Genre eher das Mythologische und Archaische sucht als einen alltagsnahen Abbildrealismus. …

… Im Februar bereits vom „Fernsehkrimi des Jahres“ zu sprechen, wie es „Die Welt“ letztes Jahr tat, mag allzu kühn erscheinen, doch „Begierde – Mord im Zeichen des Zen“ mit seiner geradezu exzentrischen, surrealen Erzählweise gehört aus heutiger Sicht tatsächlich zu den außergewöhnlichsten TV-Krimis 2015. … Den ganzen Artikel finden Sie unter: Tittelbach

 

 

Inhalt: In Aachen verschwindet eine Studentin. Nichts Spektakuläres, vermutet Rolf Bermann (Anian Zollner), der Leiter des Kommissariats. Er überlässt den Fall seiner Hauptkommissarin Louise Bonì (Melika Foroutan), die nach einem Alkoholentzug den Dienst gerade erst wiederaufgenommen hat. Recht schnell verdichten sich die Hinweise, dass der Studentin Nadine (Livia Matthes) etwas zugestoßen ist. Und dann verschwindet auch noch der 16-jährige Eddie (Nino Böhlau). Louise findet heraus, dass zwischen diesen beiden Vorfällen eine Verbindung besteht: Eddies bester Freund Dennis (Damian Thüne) hatte in einer Scheune eine schwer misshandelte, halbnackte Frau entdeckt – Nadine offenbar – und sie seinem Freund gezeigt. Informiert hatten sie darüber niemanden. Sowohl Nadine als auch Eddie bleiben zunächst verschwunden, doch dann wird die Leiche des Jungen entdeckt. Eddies gewalttätiger Vater Georg Holzner (Juergen Maurer) wird verhaftet, aber Louise glaubt nicht, dass er Nadine entführt und seinen Sohn ermordet hat. Sie stößt auf eine Spur, die zu zwei alten Damen führt: zu den Schwestern Ettinger, denen besagte Scheune gehört. Wissen die beiden Schwestern etwas über den Verbleib Nadines? Und wenn ja: Warum haben sie der Polizei nicht Bescheid gegeben? Louise wird misstrauisch. Für Bermann ist Eddies Vater der Täter, denn seine DNA-Spuren wurden in der Scheune nachgewiesen. Louise hingegen ist nach wie vor überzeugt, dass Holzner unschuldig ist und es zwei Täter geben muss. Dann geschieht ein weiterer Mord, der offensichtlich mit dem Verschwinden Nadines zusammenhängt: Der Tote scheint einer der beiden Täter zu sein. Doch wo ist der andere? Eine fieberhafte Suche beginnt, die für Louise immer mehr zum Spagat wird: In ihr keimt der Verdacht, dass der noch unbekannte Täter ein Polizist ist, womöglich sogar ein Kripo-Kollege. Da ist ihr Partner Reiner Lederle (Frank Seppeler), der nach seiner Krebsdiagnose von seiner Frau verlassen wurde. Und da sind Hans Meirich (Godehard Giese) und Andi Bruckner (Sebastian Hülk), die in einer anderen Abteilung arbeiten und sich freiwillig für die Suche nach Nadines Entführer zur Verfügung gestellt haben. Wer immer auch der Schuldige ist, feststeht: Je näher Louise ihm kommt, desto mehr gerät auch sie selbst in Gefahr.

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